Sonntag, 11. Dezember 2016

Christentum ohne Christus - Photis Kontoglou



Wenn man mit Pseudo-Christen über strenge Askese des Körpers und des Geistes und über die Liebe Christi spricht, werden sie wütend, nennen einen Fakir, Götzendiener, Barbaren.
Wenn du den Glauben eines Christen prüfen willst, sprich mit ihm über die Askese. Der Gläubige wird andächtig werden, während der lauwarme, d.h. der falsche, der ungläubige, protestieren wird.
Den Worten Christi trotzend, Der sprach: „Selig sind die alles zurückließen und mir folgten“, oder auch „(Aber von den Tagen Johannes des Täufers bis hierher) wird das Himmelreich mit Gewalt erworben, und die Gewalt tun, die reißen es an sich“ und dass „In der Welt habt ihr Trübsal“ und dass „wie schmal ist doch die Pforte, und wie eng der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden!“
Wir wollen gern Christen sein ohne Christus, das heißt ohne spirituellen Trübsal, ohne das mühsame Kreuz zu tragen, auf dem breiten Weg gehend. Wenn man zu ihnen über strenges und entbehrungsreiches Leben spricht, über Opfer, Askese, sagen diese falschen Christen, dass Christus diese Dinge nicht wünscht, und dass dies Übertreibungen sind.

Aber, o du unsinniger Mensch, im Christentum kann es keine Übertreibungen geben. Bei allen menschlichen Dingen kann man sagen, dass etwas übertrieben ist, nur im Christentum gibt es keine Übertreibung. Wie viel mehr kannst du wohl übertreiben, wenn du doch denjenigen lieben sollst, der dir den Vater getötet hat, wie noch mehr übertreiben, wenn du auch die andere Backe bieten sollst, und wie viel mehr kannst du übertreiben, wenn du danach dürsten sollst, verachtet zu werden, das zu tun, was Gott von dir verlangt, d.h. deine Feinde zu lieben, mit lieben Worten demjenigen zu begegnen, der dich beschimpft, über denjenigen nicht zu urteilen, der über dich richtet, dich vor dem nichtigsten Menschen zu demütigen, und wenn du das alles getan hast zu sagen, dass du ein „unnützer Knecht“ bist?
Wie viel mehr übertreiben kannst du, wenn du glauben sollst, dass unsere Leiber wieder als unsterbliche auferstehen werden in einem Augenschlag, und dass sich die ganze Welt auf einmal wandeln wird, und dass eine andere Welt entstehen wird, die ohne Verfall sein wird? Gibt es folglich irgendetwas im Christentum, worin man übertreiben kann?
Das Christentum ist die Übertreibung aller Übertreibungen, das Unglaublichste aller Unglaublichen.
Deswegen ist die Pforte, durch die jemand in die exotische Welt Christi eingehen kann nur eine, der Glauben. Und in Glaubensdingen gibt es keine Übertreibungen. Im Unglauben hingegen gibt es die listige Artigkeit, das Mittelmäßige und der Kompromiss. Aus diesem Grund ertragen solche Pseudo-Christen nicht das Feuer des Glaubens und kehren das Christentum in eine Art Moralsystem um, das für das weltliche Leben nützlich sein soll, indem sie jedoch eigentlich für Christus keinen Platz haben. Denn der Ungläubige hat Angst, während derjenige, der glaubt, gemäß des Propheten, „getrost wie ein junger Löwe“ ist.
Wer Gott liebt, ist entflammt ohne es zu offenbaren, freut sich ohne zu lachen, zerknirscht in den Tiefen seines Selbst. Die Liebe, die uns Christus lehrte, ist etwas anderes als die so genannte Wohltätigkeit. Deswegen kosten die Wohltäter nicht die Liebe Christi, welche „das Wasser, das ins ewige Leben hinüberspringt“ ist. Die Wohltätigkeiten, die die heutigen Menschen ausüben, sind eine soziale Pflicht. Diese Wohltäter, und all jene Menschen, die zweckdienlich denken, sind keine Christen.
Wer Christus und Sein Evangelium liebt, liebt das, das es mehr als alles andere zu lieben lohnt. In Christo befindet sich alles, was Liebe, Demut, Schmerz, Sanftmut, spiritueller Trübsal und spirituelle Freude, die beide lieblich sind, wenn sie im Namen Christi geschehen, lohnt.

„Kommet her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben“. Uns Ruhe geben! Aber wir wollen nicht einmal davon hören. Denn wir wollen nicht zur Ruhe kommen. Wir wollen beladen sein, mit unseren Leidenschaften, mit unseren Feindseligkeiten, mit den Kriegen, mit Sorgen der Ruhmsucht, des Fleisches, mit Blut beschmutzt, mit Pistolen, Kanonen, Bomben. Was werden wir nur ohne all dies sein, Herr, Du Friedensstifter? 
Wie werden wir so leben können, zur Ruhe kommend, mit was werden wir unser leeres Ich erfüllen können, wo doch für uns das Leben nur aus diesen Dingen besteht?
Du gibst uns Frieden, doch Frieden ist unser Tod, wo er doch der Tod unserer geliebten Leidenschaften ist! Wenn Du gesagt hättest: „Ich werde euch mit mehr solcher Gewichte beladen, die ihr nicht kennt, ich werde eure Seele bereichern mit mehr solcher Reichtümer, so dass ihr nie mehr zur Ruhe kommt“, dann würden wir uns Dir näher sein, wir würden dich als unseren Gott anerkennen.
Wir wünschen uns Götter, die uns beladen, rachsüchtige, wie Ares, wie Zeus, wie Kronos, Lügner wie Hermes, wie die anderen von ihnen. Wir wollen die Bosheit leben, denn sie ist lebendig und stark.
Ja, komm Herr“, ruft mit Johannes freudig in der Offenbarung dem auf den Wolken Kommenden zu. Du musst ein Heiliger, ein Gerechter und sogar Johannes selbst sein, um darüber erfreut zu sein, dass Christus kommen wird und Ihn erwarten. Wir rufen „Komme nicht Herr“Weil wir sündig sind und der Zorn Gottes über uns kommen wird.
Die „Atombombe“ hat mich dazu gebracht, über all dies nachzudenken. Als die Kunde über sie die Menschen erreichte, erfüllte sie mit Angst alle Herzen. Selig sind, die zu jeder Stunde vorbereitet sind! Doch wehe uns! Wer ist vorbereitet wie Johannes, dem heiligsten aller Heiligen?
Wir alle fürchten uns davor, dass Du kommst wie ein Dieb in der Nacht. Bei den Menschen ist es so: Wenn du sie beschimpfst oder mit ihnen böse Worte austauschst, oder über sie schlechtes schreibst, wird die Zeit kommen,  in der sie dir vergeben werden. (Was soll's Bruder, vergessen wir es einfach!)
Doch was sie dir nie vergeben werden und für das sie dich hassen werden, ist, wenn du auf eine Art und Weise lebst, dass sie sich für ihr eigenes Leben schämen, weil sie in deinem Leben einen Vorwurf ihrer Lebensweise sehen. Wer die Liebe Christi im Herzen selbst tiefgehend gekostet hat, muss sich selbst nicht dazu zwingen, in Armut zu leben, weil er aus freien Stücken die Armut begehrt und seine Freude verliert, wenn er mehr erlangt, auch wenn es noch so nichtig ist. Und was demütig, ärmlich und verachtet ist liebt er heimlich in seinem Herzen ohne jemanden etwas darüber zu erzählen, weil der Demütige das Schweigen und die Vergessenheit liebt. „Gott ist dem betrübten Herzen nahe“. Wenn die Versuchungen zerstreuen und die Pforte der falschen Freude und Ruhe sich öffnet, schließt sich sogleich die Pforte der wahren Glückseligkeit.
Das wird zweifellos vom Christen wahrgenommen. Gebet. Ich danke Dir, allbarmherziger Herr, ich preise Dich, ich verherrliche Dich, weil Du mich aus dem Nichts erschufst. Doch Du hast mich nicht nur einmal erschaffen, sondern an jedem Tag erschaffst Du mich aus dem Nichts, denn jeden Tag ziehst Du mich aus dem Schaffen des Todes heraus in den ich wieder hineinfalle.

In der unendlichen Menschenmenge, im Ameisenhaufen der Menschen, bin ich ein Nichts. Jeder Mensch ist ein Nichts. Und dennoch erinnerst Du Dich an jeden Menschen, findest ihn und ziehst ihn an Dich heran, machst ihn lebendig, den Toten, und Deine väterlichen Hände erschaffen ihn aufs Neue, als wenn jeder einzelne von uns der einzige Mensch auf Erden wäre.
Deine starke Kraft erhält die ganze Schöpfung und alle Seelen als ob jede von ihnen die einzige wäre. Und Du lässt sie die Unsterblichkeit spüren, als wenn jede von ihnen die einzige wäre, und sie empfinden Dich als ihren barmherzigen Vater, 
Der niemals müde wird uns zu vergeben und neu zu erschaffen, die wir in jeder Stunde unserer Sünde wegen sterben

Photis Kontoglou (1965)

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