Dienstag, 22. Juli 2014

Die heilige jungfräuliche Märtyrerin Markella

Die heilige jungfräuliche Märtyrerin Markella (22 Juli)


Das Kloster zu Ehren der heiligen Markella befindet sich am malerischen Strand von Volissos, einem der größten Dörfer von Chios1. An diesem Ort fand im Jahre 1500 n. Chr. das Martyrium der heiligen Markella statt.

Die Namen der Eltern der in Volissos2 geborenen heiligen Markella sind uns leider nicht überliefert worden. Der selige Nikēforos von Chios berichtet uns in seinen Schriften jedoch, dass ihre Mutter eine gläubige Christin war, während ihr Vater zwar als Kleinkind getauft worden, aber nicht gläubig war. Diese gottesfürchtige Mutter verstarb früh, als ihre Tochter noch ein kleines Mädchen war. Markella entwickelte sich dennoch zu einer tugendreichen und hübschen jungen Frau, dem guten Beispiel ihrer Mutter folgend. Sie zeichnete sich durch ihre innige Liebe zu Christus, wie auch durch ihre Gutmütigkeit und Reinheit des Körpers und der Seele aus. Mit großem Eifer gab sie sich dem Gebet, aber auch anderen gottgefälligen Beschäftigungen hin, wie dem Fasten und den Werken der Barmherzigkeit. Sie war in allem ein wahres Kind der heiligen Kirche.Weil sie sich selbst, als unbefleckte Braut Christi, vollkommen Gott widmen und der Welt entsagen wollte, wies sie alle Heiratsgesuche junger Männer entschlossen ab.
Der Widersacher Luzifer jedoch, der alle Tugend hasst, wollte dieses Geschöpf Gottes bezwingen. Doch es war ihm unmöglich, durch unreine Gedanken Markella zu beeinflussen, weil sie sich mannhaft und weise mit dem Gebet gegen diese wehrte. Sie war keine geistige Tochter der Urmutter Eva, die mit Freude auf das hinterlistige Geflüster des Menschenfeindes gehört hatte, um daraufhin die paradiesische Heimat verlassen zu müssen. Selbst die heimtückische Leidenschaft des Hochmutes konnte er nicht in ihrem Herzen wecken, deswegen gab er den direkten Krieg gegen sie auf. Schließlich erdachte er sich eine List, die für die Christen ungeheuerlich war und allein aus diesem üblen Geist entspringen konnte! Er trat in den Vater ein, der ein verdorbenes Dasein führte und dessen Herz aus diesem Grund von der göttlichen Gnade verlassen war.
Zuerst besah er seine Tochter und ihre jugendliche Schönheit mit zügellosen Augen, woraufhin er mit unzüchtigen Gedankenbildern angegriffen werden konnte. Aus diesen entstand durch seine eigene freie Einwilligung die Bereitschaft dazu, die unreinste der Sünden zu begehen. Er begann, getrieben von krankhaften Gelüsten und dämonischen Einflüssen, das Gesetz Gottes aber auch jenes der Menschen zu verachten, und seine Tochter fleischlich zu begehren! Als der Elende, der keine Gottesfurcht besaß, beschloss, sich an ihr zu vergehen, war Markella ungefähr 18 Jahre alt. Er versuchte anfangs mit vielen Versprechungen und wohlklingenden Worten seine Tochter dazu zu überreden, Christus zu verleugnen und diese abscheuliche Sünde freiwillig mit ihm zu begehen. Als sie ihn immer wieder abwies und er erkannte, dass sie niemals ihre Zustimmung zu dieser Tat geben würde, beschloss er, nunmehr mit Gewalt sein Verlangen zu stillen.
Bestürzt und verletzt von den schamlosen Absichten ihres kaltherzigen Vaters verließ sie das Elternhaus und floh wie ein gejagtes Reh in die umliegenden Berge, um ihre Reinheit bewahren zu können. Sie versteckte sich im Buschwerk vor ihm, bis ein Schafhirte, der sie beobachtet hatte und gewiss nichts von den schrecklichen Absichten des Vaters wusste, dem Vater ihren Aufenthaltsort verriet. Und als dieser sie tatsächlich entdeckte, entzündete er die Sträucher, um sie wie ein wildes Tier aus ihrem Versteck zu treiben! Sie schaffte es wieder zu entkommen und lief, bis sie die Küste erreichte. Aber auch dorthin folgte ihr ihr Vater und beschoss erbarmungslos ihren zarten Körper mit Pfeilen, bis sie von einem der Pfeile getroffen und verwundet wurde.
Markella verlor alsbald ihre Kräfte und fiel auf die harten Felsen der Meeresküste. Verzweifelt richtete sie ihren Blick und ihr Herz gen Himmel und flehte: “Herr, öffne diesen Felsen, damit ich mich in ihm verbergen kann“! Denn es gab keinen anderer möglichen Fluchtweg und nichts fürchtete sie mehr, als ihrem schamlosen Vater hilflos in die Hände zu fallen. Plötzlich tat sich der Felsen tatsächlich unter ihr auf! Als ihr Folterer sie erreichte, war sie bereits bis zur Hüfte eingetaucht, doch das war genug, um ihren Vater davon abzuhalten, sie zu schänden. Ihre Reinheit vor Gott und das ewige Leben war ihr wichtiger als das vorläufige Leben, das sie sicherlich durch ein elendes Einverständnis hätte retten können.
Der Vater erstarrte beim Anblick dieses offensichtlichen Wunders, doch Reue empfand er nicht; es war vielmehr so, dass sein Zorn noch mehr aufloderte, weil er seine Gelüste nicht mehr befriedigen konnte. Er nahm ein scharfes Messer zur Hand und schnitt seiner Tochter wie im Wahn beide Brüste ab. So war es einst auch der Erstmärtyrerin Thekla ergangen. Wie muss sich diese junge Frau, diese zarte unberührte Knospe, bloß gefühlt haben, als ihr eigener Vater, der sie eigentlich schützen und liebevoll vor allem Übel bewahren sollte, wie ein Tyrann so gnadenlos malträtierte? Am Ende vollendete er sein grausames Werk, indem er Markella enthauptete und ihr seliges Haupt ins Meer warf. Das Haupt der Märtyrerin erhellte daraufhin ein übernatürliches Licht und es hielt sich mit der Hilfe Gottes über Wasser, bis es von einem italienischen Schiff entdeckt und an Bord gezogen wurde. Die übrigen Reliquien der Heiligen sollen sich immer noch im Inneren des Felsens befinden, der eine deutliche rote Färbung angenommen hat, wie auch andere Steine, die sich dort befinden, wo das Blut der Heiligen geflossen war.
Auf diese Weise erhielt die heilige Markella den niemals verwelkenden Siegeskranz der Märtyrer Christi. Denn gewiss hätte die göttliche Allmacht sie von den Händen des Mörders befreien können; doch durch diesen gewaltsamen Tod erhielt sie nebst der schneeweißen Tracht der Jungfräulichkeit zusätzlich das kostbare purpurne Gewand des jungfräulichen Blutes.
Durch das zu Unrecht vergossene Blut der Märtyrerin verwandelte sich das Meerwasser in Weihwasser, das durch einen kleinen Spalt im Felsen der Heiligen auf rätselhafte Weise entspringt und viele Heilungen vollbringt. Dort, wo sich Markella im Gebüsch versteckt hatte, errichteten die Gläubigen zu ihren Ehren eine Kirche und dort, wo sich der Fels geöffnet hatte, ein Kreuz zur Erinnerung an das Wunder.
Unzählige Heilungen, die bis heute unter den Gläubigen durch die Fürbitten Markellas stattfinden, bestätigen die Heiligkeit der Märtyrin. Zeugen dieser göttlichen Zeichen sind unter anderem große und heilige Persönlichkeiten der orthodoxen Kirche, wie z.B. der heilige Makarios Notaras, Bischof von Korinthos, der heilige Nektarios, Bischof von Pentapolis, und auch der heilige Nikēforos von Chios, der ihre Biographie niederschrieb und ihren Bittkanon verfasste.
Wie man im Neon Leimonarion* nachlesen kann, fanden besonders im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche Wunder statt, von denen einige niedergeschrieben wurden. Dazu gehören unter anderem die Heilung zwei kranker Priesterkinder, die Errettung einer Frau vor dem Tod in Agio Giorgis, die Heilung eines blinden Kindes, eines krebskranken Mädchens aus Psara und eines Gelähmten. Vielleicht erfreut es die Leser, wenn wir auch einige Beispiele der jüngeren Jahre hier aufführen:
Im Jahre 1992 berichtete der Augenzeuge Pfarrer Nikolas Makris unter anderem von folgenden Vorfällen:
- Während einer Pilgerfahrt zum Heilgenschrein begann der Priester damit, die Hymne der Heiligen Markella zu singen. Im selbigen Moment begann die See zu dampfen und das Wasser verlor seinen salzigen Geschmack, wurde zu heiligem Wasser. (Oft wird davon berichtet, dass das Meer an diesem Ort an ihrem Gedenktag „dampft“).
- Während der Heiligen Liturgie in der Kirche der heiligen Markella stürmte ein Mädchen in das Gotteshaus und rief laut: „Pater, hören Sie, was mir gerade zugestoßen ist!“ Doch bevor sie mit ihrer Geschichte beginnen konnte, fiel ihr Blick auf die Ikone zu ihrer rechten, die den blutigen Kopf der heiligen Markella in den Wellen treibend zeigte. Das Mädchen schrie: „Diese Frau habe ich gesehen!“ Und sie berichtete davon, dass sie mit ihren Eltern am Strand entlang gegangen war. Sie kamen an den Platz, an dem das Gedenkkreuz steht und wo die heilige Markella vom Pfeil getroffen worden war. „Ich sah eine schwarz gekleidete Frau, die anscheinend Spielzeug verkaufte. Ich fragte meine Eltern, ob diese Frau nicht zu früh zum Fest gekommen sei, aber meine Eltern konnten sie nicht sehen. Wir gingen weiter, doch auf meinem Rückweg sah ich wieder diese Frau. Ich rief, dass sie dort sei. Die Frau hob ihre Hand, winkte mir zu und verschwand plötzlich vor meinen Augen.“ Es war die heilige Märtyrerin Markella gewesen, die dem jungen Mädchen erscheinen wollte, vielleicht, um sie im Glauben zu bestärken.
- Eines Tages brach im Kirchhof ein dicker Zweig eines Eukalyptusbaums ab. An der Bruchstelle erschien das Gesicht eines Mädchens mit einem Heiligenschein. Es handelte sich um die Ikone der heiligen Markella.
Das Kloster und ihre Kirche schmücken zahlreiche Weihgaben geheilter Christen. Aus ganz Griechenland pilgern orthodoxe Gläubige zum Heilgenschrein, um die Wohltaten der heiligen Märtyrin Markella zu empfangen, besonders an ihrem Gedenktag, dem 22 Juli/ 4 August eines jeden Jahres.

1griech. Χίος

2 Das Dorf Volissos liegt im Nordwesten der Insel Chios in der Ägäis. Diese Insel, die bereits seit ca. 5000 Jahren bewohnt und durch ihre Mastixbäume bekannt ist, soll nach der Überlieferung auch die Heimat des griechischen Dichters Homer sein.  

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