Montag, 30. Dezember 2013

Über Altväter, die sich nicht vor Löwen fürchteten

Am Ort Sapsas lebte ein anderer Starez, der so hohe geistliche Vollkommenheit erlangt hatte, daß er ohne Zittern Löwen, die ihn in seiner Höhe besuchten, empfing und sie knieend fütterte. Von einer so großen göttlichen Gnade war dieser Mensch Gottes erfüllt.
„Aus der nitrischen Wüste kamen zwei Mönche zu einem Einsiedler, weil sie von dessen tugendsamem Leben gehört hatten. Obwohl sie von weither und aus einer fremden Gegend kamen, hegten sie doch noch die frühere Zuneigung zu ihm, da sie einst mit ihm in einem Kloster gewohnt hatten. Lange suchten sie ihn und fanden ihn schließlich in der Wüste bei Memphis. Er verweigerte nicht das Wiedersehen mit den ehemaligen Freunden und verbrachte drei Tage mit ihnen. Am vierten Tag, als er ihnen das Geleit zum Abschied gab, kam ihnen eine riesige Löwin entgegen. Das Tier näherte sich und nach einiger Überlegung fiel es dem Einsiedler zu Füßen. Das Gebaren des Tieres zeigte deutlich, daß es großen Kummer hatte... Alle waren tief gerührt, besonders der, zu dem das Tier gekommen war. Sie gingen der Löwin nach. Sie ging voran, sich bald umschauend, bald anhaltend und gab dem Einsiedler auf diese Weise irgendwie zu verstehen, wohin er ihr folgen sollte. So gelangten sie zur Höhle der Löwin. Dort waren fünf ausgewachsene Junge, die jedoch blind geboren waren. Sie trug eines um das andere hinaus und legte es zu Füßen des Einsiedlers. Da begriff der Heilige, was die Löwin von ihm erwartete. Den Namen Gottes anrufend berührte er mit der Hand die blinden Augen der Löwenjungen. Ihre Blindheit verschwand und ihre Augen öffneten sich. Die Löwin kehrte nach fünf Tagen zu ihrem Wohltäter zurück und brachte ihm zum Dank den Balg eines unbekannten Tieres. Der heilige Mann wies ihre Gabe als nach seinem Verständnis von einem anderen Geber gesandt nicht zurück, und legte noch oft dieses Fell an.“ (aus Sulpitius Severus, in „Erzählungen über die orientalischen Väter“).

In der Vita unseres ehrwürdigen Vaters Sabbas des Geheiligten heißt es: „Einst, als dieser heilige Starez von Ruva zum Jordan ging, da begegnete ihm an der Stelle, wo Schilfrohr wächst, ein riesiger hinkender Löwe. Vor Sabbas niederfallend, zeigte er ihm sein Bein und bat ihn durch Zeichen, ihm Beistand zu leisten. Unser Vater Sabbas, der merkte, welchen Schmerz das Tier litt, setzte sich, faßte das Bein des Löwen und zog daraus einen eingedrungenen Stachel heraus. Der vom Schmerz befreite Löwe stand auf und konnte wieder gehen. Danach, im Verlauf von 40 Tagen begleitete er den Starez und diente ihm willig. Der geheiligte Starez hatte damals einen Schüler bei sich, einen Syrer namens Phlais. Dieser Schüler hatte zu seiner Hilfe einen Esel in Ruva, in der Niederung, bei sich. Als Sabbas diesen Schüler zur Ausführung irgendeines Auftrages ausgesandt hatte, befahl er dem Löwen, seinen Esel zu hüten. Der Löwe nahm morgens den Zügel des Esel ins Maul, entfernte sich mit ihm und weidete ihn den ganzen Tag; abends tränkte er ihn und kehrte dann mit ihm zurück. Nach einigen Tagen, während der Löwe weiterhin seinen Dienst tat, fiel Phlais, der zur Erledigung seines Auftrages ausgesandt worden war, in Sünde, denn er hatte sein Heil vernachlässigt, weil er vielleicht auf irgendetwas stolz geworden und daher von Gott verlassen worden war. Genau an diesem selben Tag riß der Löwe den Esel und fraß ihn auf. Als Phlais davon erfuhr, sah er ein, daß seine Sünde die Ursache war, daß sein Esel aufgefressen wurde. Deshalb wagte er nicht, vor den Starez zu treten, sondern fiel in Verzweiflung, ging in sein Dorf und beweinte dort seine Sünde. Aber der göttliche Starez verachtete ihn in Nachahmung der Menschenliebe des Herrn nicht, sondern suchte lange nach ihm und als er ihn fand, unterwies er ihn, so daß er sich vor Gott beugte, und richtete ihn so vom Falle wieder auf“.

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