Montag, 30. Dezember 2013

Die selige Märtyrin Anysia von Thessaloniki

Die selige Anysia lebte im dritten Jahrhundert nach Christus, zu Zeiten des blutrünstigen Autokraten Diokletian. Ihre Heimat war die Gott gerettete Stadt Thessaloniki. Ihre Eltern waren wohlhabend, aber auch gläubige und gute Christen. Denn die Reichtümer an sich schaden der Seele des Menschen nicht zwangsläufig, vielmehr ist es der gute oder böse Gebrauch derselben, der zu Nutzen oder Schaden führt. Dieses selige Ehepaar vollbrachte viele Werke der Barmherzigkeit und versorgte ihre Tochter von klein auf mit der Milch der wahren Weisheit und Tugend. Als sie jedoch entschliefen, war die junge Anysia auf sich allein gestellt. Doch die zahlreichen Güter, die sie von ihnen als Erbe erhielt, machten sie weder trunken, noch blind. Auch ließ sie sich von ihrer Waisenschaft keinesfalls zu unsittlicher Lebensführung verleiten, denn sie hütete sich vor den zahlreichen Gefahren und Verführungen der Jugend mit viel Bedacht.
In ihrer Seele loderte das Feuer, für das Jesus Christus auf die Erde gekommen ist, um es anzuzünden (Lk 12,49). Sie strebte allein danach, ihrem himmlischen Bräutigam zu begegnen und gottgefällige Werke zu vollbringen. Alles wollte sie von sich weisen, das sie an Irdisches hätte binden können. Sie schenkte allen ihren Knechten die Freiheit und gab überdies jedem von ihnen eine stattliche Summe mit auf den Weg. Dann verteilte Anysia Besitzgüter, Häuser, Tierherden, all ihr Hab und Gut, an Bedürftige. Gleich des Kaufmanns aus dem Evangelium, der eine köstliche Perle fand und alles verkaufte, was er hatte, um diese eine Perle zu kaufen (Mt 13,46), verteilte die Glückselige alles, um allein für Gott zu leben. Sie legte ebenso die kostbaren Gewänder und Schmuckstücke ab und gab sie den Armen. In einfachen Gewändern gekleidet besuchte sie aus wahrer Nächstenliebe Kranke, Waisen und Witwen, wie auch Bedürftige, gab ihnen Trost und versorgte sie mit Kost und Kleidung. Doch ihre besondere Sorge galt den Opfern der Christenverfolgungen. Ohne vor den mannigfaltigen Gefahren zurückzuschrecken, begab sie sich häufig zu den feuchten Verliesen, wo die Verfolgten Hunger, Durst, grausame Misshandlungen und viel andres Leid für die Liebe Christi erduldeten. Anysia berührte ehrfurchtsvoll ihre Wunden mit ihrem Munde und pflegte sie, als wenn es sich um die seligen Wunden der Passion Christi gehandelt hätte. Sie spendete den Märtyrern Trost und stärkte sie im Glauben.
Die gütige Anysia hatte all ihre Güter für Werke der Liebe verwendet, und nur ihr sterblicher Leib verband sie nunmehr mit den irdischen Dingen. Ihre einzige Begierde war es, auch selbst für die Liebe Jesu Christi das Martyrium zu erleiden. Doch dieser Entschluss konnte nur von Gott Selbst getroffen werden. Sie zog sich in ihren freien Stunden in eine enge Zelle zurück, wo sie sich dem strengen Fasten, dem immerwährenden Gebet, den Tränen der Metanie und dem Lesen von geistlichen Schriften widmete. Auf diese Weise wollte sie ihre sterbliche Natur bezwingen, um die göttliche Theorie zu erreichen.
Der Teufel hingegen wandte sich Hass gegen die Jungfrau, als er ihren Wettkämpfe und die engelsgleichen Übungen sah, und benutzte jede List, um sie von ihrem guten Vorhaben abzubringen und sie aus ihrer Zelle zu vergraulen. Doch der Widersacher scheiterte an ihrer standfesten Gesinnung, welche auch die der mannhaftesten Kämpfer überstieg. Er focht sie gewaltig an mit den Geistern der Trägheit, der Kleinmütigkeit, der Schwachheit, der fleischlichen Entkräftung und Erkrankung, doch die junge Tochter besiegte ihn, weil sie niemals die Hoffnung auf den Herrn verlor. Mit dem Kreuzzeichen wappnete sich sich gegen die Angriffe und mithilfe der Geißel des Gebetes entschied sie den Kampf zu ihrem Gunsten.
Im Jahre 305 n. Chr. hatte die Christenverfolgung unter Diokletian ihren Höhepunkt erreicht. Die Jungfrau Anysia bat den Herrn in ihren Gebeten darum, auch für das Martyrium auserlesen zu werden. Ihre Bitte wurde von Gott erhört. Ihr Gottesglauben war unterdessen schon unter den Götzendiener bekannt geworden. Eines Tages, als sie sich gerade auf dem Weg zur Kirche befand, traf sie auf einen heidnischen Soldaten. Er erkannte sie als Christin und schleppte sie mit Gewalt zu einem heidnischen Tempel. Als sie dort ankamen, drängte er sie dazu, den Götzen ein Opfer darzubringen. Doch die Heilige bekannte ohne Furcht und Zögern, dass sie an den Einen Gott, dem Vater, dem Sohne Jesus Christus, und dem Heiligen Geist glaubte, und allein Ihm Verehrung darbot.
Der Soldat fing aus Jähzorn an, Gott auf' s Übelste zu lästern. Diese Blasphemie konnte die zarte Seele der Anysia nicht ertragen: Sie spuckte ihm geradewegs ins Gesicht! Aus Schmach holte der Soldat das Schwert hervor und durchdrang mit diesem mit einer einzigen Bewegung ihre Rippen. Auf diese Art erhielt die heilige Anysia den unverwelklichen Kranz der Märtyrer, wie es ihr größter Wunsch gewesen war. Einige fromme Christen übernahmen ihre Gebeine und setzten sie an einem Ort etwas außerhalb von Thessaloniki bei, wo nach dem Ende der Christenverfolgungen eine Kirche zu ihren Ehren erbaut wurde. Heute kann man ihre gnadenerfüllten Gebeine in der prächtigen Kirche des heiligen Großmärtyrers Dēmētrios1 in Thessaloniki verehren.

Die heilige Orthodoxe Kirche feiert ihr Gedenken am 30 Dezember/ 12 Januar.



1Der heilige Großmärtyrer Dēmētrios (gr. Δημήτριος), der Schutzheilige von Thessaloniki, der jährlich am 26 Oktober/ 08 November gefeiert wird.

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