Freitag, 29. November 2013

p. Georgios Metallinos - Die Kirchenväter sind keine Denker oder Philosophen


Die Väter sind die wirklichen Theologen unserer Kirche. Der Westen hat uns gelehrt, die Väter als Philosophen und große Denker zu betrachten. Das ist auf die anomale Entwicklung des patristischen Denkens im Bereich der Scholastik zurückzuführen. Sowohl in der alten Kirche wie auch im orthodoxen Osten wurden die Väter niemals als Philosophen und Denker angesehen, noch betrachteten sie sich selbst als solche. Ihre Theologie ist nicht die Frucht eines philosophischen (metaphysischen) Suchens und philosophischer und pietistischer Gedanken über die Bibel (Bibelkritik). Außerdem ist die Bibel nichts Transzendentes und Metaphysisches, eine Art göttliches Buch, das fertig vom Himmel gefallen ist, wie die Mohammedaner z.B. den Koran verstehen. Noch ist die Bibel objektiv das "Wort Gottes" selbst, das dem Menschen angeboten wird, damit er es geistig annimmt und mit seinen frommen Gedanken über es gerettet wird. 
Deshalb kennt der Osten auch keinerlei Art von "Meditation" oder Spekulation als theologisches Mittel. Die Bibel (AT und NT) enthält das Wort der Vergöttlichten (Propheten und Apostel) über das göttliche Wort, den Ausdruck der mystischen Erfahrung der Heiligen des Alten und Neuen Testaments, die Gott geschaut haben. Die Offenbarung Gottes ist in keinem Buch von selbst formuliert worden, sondern wurde und wird geschenkt nach der Reinigung des Menschen, im Zustand der Erleuchtung und besonders der Verherrlichung oder Vergöttlichung (Gottesschau). Ganz im Gegenteil dazu gelangte die Metaphysik zur Aufstellung unabänderlicher Kriterien und zur Götzenverehrung. Die Theologie der Väter beruht auf der Gotteserfahrung und stützt sich auf die Schau Gottes. Die Erfahrung der Heiligen ist die einzige sichere Brücke zwischen Geschaffenem und Ungeschaffenem. Daher unterscheiden sich die Väter grundsätzlich von den Philosophen aller Jahrhunderte. Die Offenbarung der Wahrheit empfangen die Heiligen von Gott selbst durch die Einwohnung des Heiligen Geistes in ihnen (Erleuchtung) und durch ihre Erfahrung der Gottesschau (Verherrlichung, Vergöttlichung). Im Gegensatz dazu kämpfen die Philosophen allein, um die Wahrheit zu entdecken. Die Väter haben diese fertig vor sich, entweder aufgrund ihrer eigenen Erfahrung oder von den Erfahrungen der früheren Väter her. 
Die Philosophen haben als Hauptmerkmal das Streben nach der Originalität in ihren Theorien. Den Vätern dagegen ist die Originalität völlig gleichgültig, so sehr das Werk der großen Väter auch für die Welt und die Gläubigen eine Erweiterung der Lehre der Kirche bezüglich eines theologischen Problems darstellt, besonders, wenn das Heil der Gläubigen bedroht wird, wie es gewöhnlich beim Auftreten von Häresien geschieht. Die Väter haben ihre Aufmerksamkeit theologisch andauernd auf die Vergangenheit gerichtet. Sie wollen nicht beeindrucken mit neuen Entdeckungen - deshalb auch könnten sie unter den heutigen Gegebenheiten in der Universitätstheologie nie einen Doktortitel beanspruchen! - sondern die apostolische Tradition fortsetzen, "die ewigen Grenzen nicht verrückend, die die Väter vor ihnen gesetzt haben". Sehr charakteristisch ist in diesem Zusammenhang der Fall des hl. Gregorios Palamas (1296-1359). Er war tief in der apostolischen und patristischen Tradition verankert. Grundsätzlich bewegte er sich im Rahmen des Lehre der Kappadokier, Athanasios des Großen, Dionysios des Areopagiten und Maximus des Bekenners. Seine Geg-ner aber, östliche wie westliche, die den auf der Erfahrung beruhenden Kontakt mit der kirchlichen Tradition verloren hatten, verdächtigten ihn umstürzlerischer Neuerungen. Denn er bot die alte Väterlehre in einer neuen Verbindung dar, als "schöpferische Erweiterung" der Tradition und nicht als blinde Wiederholung. Außerdem ist der echte patristische Geist keine formelle Wiederholung, sondern die dynamische Einverleibung der Tradition und deren erneuter Ausdruck.

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